Wunderlich, Uli (Vortrag, 22.6.2013, 11:30, Gewi Sitzungszimmer)

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May 31, 2013 by Helmut W. Klug

Koch du kanst gute pfeffirlyn machen / Hoppe off ich wil dich besachen – Der Tod als kulinarischer Ratgeber im oberdeutschen Totentanz des ausgehenden Mittelalters 

 

Der Koch kommt bereits in den ältesten deutschsprachigen Totentanztexten vor. In Wort und Bild taucht er im 15. Jahrhundert von Basel bis ins Burgenland auf, aber auch in Augsburg und Ulm, wenig später in Kärnten und im Elsass sowie in den Kantonen Bern und Sankt Gallen.

Mein Referat soll Handschriften, frühe Drucke und Wandmalereien im Hinblick auf Kulinarik und Diätetik vorstellen. Erste Befunde legen nahe, dass der personifizierte Tod in vorreformatorischer Zeit die Leistungen seines Opfers zu würdigen weiß, und zwar nicht einfach hinsichtlich des guten Geschmacks der Speisen. Er kennt deren stimulierende Wirkung und bietet sich als Ratgeber an. Der Sterbende – sei er nun Koch, Arzt oder Apotheker – beklagt dagegen, kein Rezept gefunden zu haben, das vor dem bitteren Ende bewahrt.

Soweit ich sehe, sind kritische Töne zunächst Mangelware. Erst in der Frühen Neuzeit scheint es, um den übermäßigen Konsum von Fleisch, süßen Leckereien und alkoholischen Getränken zu gehen. Der hagere Knochenmann befördert nämlich immer öfter Dicke und Volltrunkene aller Stände vom Diesseits in Jenseits.


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Tagungsthema:

Kochrezepttexte sind nicht nur als simple Anleitungen zur Herstellung von Speisen zu lesen, sondern transportieren wichtige Informationen zur Krankheits­prävention, die im Mittel­alter im Zentrum einer ganzheitlichen Gesundheitslehre stand und der ein besonders hoher Stellen­wert im gehobenen Alltagswissen zukommt.

Es verwundert daher nicht, wenn mittelalterliche 'Kochbücher' in der Regel nicht dem Umfeld der Küche, sondern dem Umfeld der praxisorientierten Medizin und dem so genannten 'Haushaltswissen' des 'treusorgenden Hausvaters' zuzuschreiben sind.

Darüber hinaus können diese Texte auch als 'Leittexte' für die Wege der Wissensvermittlung und der Wissenstransformation von der Antike bis in die Frühe Neuzeit gelten. Sie nehmen medizinische Theoreme der Antike auf, werden angereichert durch Impulse aus der orientalischen Medizin des Mittelalters und greifen in ihrer Anleitung zur praktischen Umsetzung auf die Ressourcen Mittel­europas zurück. – Kurz gesagt, es handelt sich um kulturhistorisch multipel aufschlussreiche Texte.