Edlmayr, Simon; Rauchenzauner, Martina (Poster, 21.6.2013, 15:30, Sitzungszimmer)

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May 31, 2013 by Helmut W. Klug

Conrad Haggers Neues Saltzburgisches Kochbuch von 1718/19 – Zwischen den Zeilen gelesen.

 

Conrad Hagger wurde am 3. März 1666 in Marbach im Rheintal geboren. Mit zwölf Jahren begann seine Lehre als Küchenjunge in St. Gallen, die er 1680 abschloss. Nach mehreren Jahren als Feldkoch im Großen Türkenkrieg (1683-1699) begab sich Hagger nach Augsburg, wo er von Johann Ludwig Prassin zum Stadtkoch ausgebildet wurde. Im Dienst der Fürstbischöfe von Chiemsee übte er bis 1701 die Tätigkeit eines Suppenkoches aus. Anschließend wurde er vom Salzburger Fürsterzbischof als Stadt- und Landschaftskoch eingestellt, wobei er unter dessen Nachfolger Franz Anton von Harrach sein Neues Salzburgisches Kochbuch verfasste.

Dieses kann mit seinen über 2500 Rezepten und 318 Kupferstichen als Höhepunkt der barocken Kochbuchliteratur angesehen werden. Es wurde erstmals 1718 gedruckt, wobei die kurze Zeit später erschienene zweite bzw. dritte Auflage (1719, 1721) für den Erfolg des Werkes sprechen. Dabei finden sich keinesfalls nur salzburgische Rezepte und Produkte, wie der Name vermuten lässt, sondern vielmehr eine internationale Küche. Deshalb bietet eine eingehende Analyse von Haggers Kochbuch vielfältige Einblicke in die barocke Esskultur.

Als plakatives Beispiel für unseren Forschungsansatz können hier die Genueser Lemoni herangezogen werden, die des Öfteren bei Hagger erwähnt werden. Wie die Bezeichnung schon andeutet, stammt das Produkt aus dem Raum um Genua. Doch wie kommt es nach Salzburg? Dazu findet man im Salzburger Landesarchiv ein aufschlussreiches Bittschreiben des Bürgers Valentin Kindl aus dem Jahre 1687: Darin wendet er sich an den neuen Fürsterzbischof Johann Ernst von Thun und Hohenstein mit der Bitte, dass er auch weiterhin die welschen Früchte, welche er von Genua und „Gartser“ (sprich Gardasee) erhandle, an den Hof liefern dürfe. Schon sein Vater war Früchtehändler und belieferte den Salzburger Hof. Wie er selbst angibt, zählten zu diesen Früchten auch „Lemoni“ und „Citronj“. Drei Jahre später war Valentin verstorben und die Witwe Anna Kindl ersuchte ihrerseits um die Fortführung des bestehenden Vertrages. Als Argument gibt sie an, dass sie aufgrund ihrer Kontakte in Norditalien die Früchte das ganze Jahr über in ausreichender Qualität und Menge und zudem zu einem günstigen Preis liefern könne.

Ausgehend von Conrad Haggers Kochbuch soll über die persönliche Biographie des Autors eine kulinarische „Realität“ hinter dem Kochbuch rekonstruiert werden. Zusätzlich bieten unterschiedliche zeit- und hofnahe Quellen aus Salzburg (wie z. B. Rechnungsbücher, Bittschriften und andere Verwaltungsakten, Bestandsaufnahmen und Inventarlisten) unschätzbare Informationen, um dieser „Realität“ mehr Substanz zu verleihen. Die zentrale Fragestellungen lauten: Wie stand es um die Verfügbarkeit von bestimmten Lebensmitteln? Wo und wie wurden sie produziert und an den Abnehmer gebracht? Welche Schwierigkeiten waren damit verbunden?


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Tagungsthema:

Kochrezepttexte sind nicht nur als simple Anleitungen zur Herstellung von Speisen zu lesen, sondern transportieren wichtige Informationen zur Krankheits­prävention, die im Mittel­alter im Zentrum einer ganzheitlichen Gesundheitslehre stand und der ein besonders hoher Stellen­wert im gehobenen Alltagswissen zukommt.

Es verwundert daher nicht, wenn mittelalterliche 'Kochbücher' in der Regel nicht dem Umfeld der Küche, sondern dem Umfeld der praxisorientierten Medizin und dem so genannten 'Haushaltswissen' des 'treusorgenden Hausvaters' zuzuschreiben sind.

Darüber hinaus können diese Texte auch als 'Leittexte' für die Wege der Wissensvermittlung und der Wissenstransformation von der Antike bis in die Frühe Neuzeit gelten. Sie nehmen medizinische Theoreme der Antike auf, werden angereichert durch Impulse aus der orientalischen Medizin des Mittelalters und greifen in ihrer Anleitung zur praktischen Umsetzung auf die Ressourcen Mittel­europas zurück. – Kurz gesagt, es handelt sich um kulturhistorisch multipel aufschlussreiche Texte.